Vom Impfstopp zur Impfpflicht

25.01.2020

Bis heute gibt es weder seitens der Regierung, noch seitens der WHO konkretere Angaben zum Masern-Ausbruch auf Samoa. Herausgegeben wurde letztmalig am 6. Januar 2020 eine Presseerklärung des nationalen Gesundheitsministeriums, in welcher die Gesamtzahl der Erkrankten sowie die Anzahl der Todesfälle genannt werden: Erfasst wurden insgesamt 5.697 Verdachtsfälle von Masern, wovon 1.860 Fälle in Krankenhäusern behandelt wurden und 83 Fälle zum Tod geführt haben. [1]

Der Anteil der laborbestätigten Fälle wurde seit dem 5. November 2019 nicht mehr veröffentlicht, als lediglich 48 der damals noch 513 Masernverdachtsfälle als laborbestätigte Masern galten. [2] Kurz darauf wurden labortechnische Bestätigungen von Masernverdachtsfällen als nicht mehr erforderlich angesehen. Das Aussetzen der Laboranalysen mitten in einer derartigen Erkrankungswelle ist insofern ungewöhnlich, als dass die WHO gerade im Falle einer Epidemie eine möglichst hohe Rate an Laborbestätigungen erfragt.

Es finden sich weiter keine Angaben dazu, um welche Erkrankungen es sich bei all den Fällen gehandelt haben soll, bei denen die zu Beginn der Epidemie noch durchgeführten Laboranalysen keine Masern ergeben haben. Direkt von den allerersten Laboranalysen im September 2019 konnten von 12 eingereichten Blutproben tatsächlich nur vier als Masern bestätigt werden. Um welche Erkrankungen es sich bei den restlichen 8 Blutproben der allerersten Analyse wohl gehandelt hat, findet bis heute nirgends mehr Erwähnung. [3]

Es finden sich auch keine Angaben dazu, mit welchem Anteil an Impfmasern durch die landesweite Impf-Aktion Anfang November 2019 zu rechnen sei. Wissen wir doch von dem Masern-Ausbruch in Disneyland, USA, 2015, dass rund 37 % der dortigen Masernfälle durch Impfviren verursacht wurden. Also frisch geimpfte Personen mit Impfmasern fälschlicherweise als Masernfall erfasst wurden. Alleine die detaillierte Auswertung der Laboranalysen hat diese Unterscheidung von Wildviren und Impfviren möglich gemacht. [4] Bleiben diese detaillierten labortechnischen Schritte jedoch aus, ist eine Abgrenzung zwischen Masern und Impfmasern in vielen Fällen schlichtweg unmöglich.

Während die veröffentlichten Angaben bisher leider völlig unzureichend sind, bleiben folgende Fragen weiterhin offen: Welchen Anteil an bestätigten Masern gibt es unter den vielen Tausend Verdachtsfällen und welcher Anteil davon wiederum ist tatsächlich durch Wildviren verursacht? Woran sind all die Menschen mit Masern-Symptomen erkrankt, deren Laborwerte keinen Hinweis auf Masern aufzeigten?

Dringenden Klärungsbedarf gäbe es auch bei der außergewöhnlich hohen Sterberate im Rahmen des Masern-Ausbruchs auf Samoa. Den veröffentlichten Zahlen nach ist 1 von 68 Erkrankten verstorben, was erstaunlich weit von der Sterberate bei Masern abweicht, die international mit 1 zu 1000 angegeben wird. In der Zeit vor Einführung der Masern-Impfung wurde die Sterberate bei Masern sogar lediglich mit 1 zu 10.000 angegeben. [5]

Die Gründe für die erstaunlich hohe Anzahl an Todesopfern könnten in Fehlbehandlungen der Erkrankten, Impfungen in akute Masern-Infektionen hinein und das Auftreten zweier Masern-Genotypen liegen, die durch die MMR- Impfstoffe kaum adressiert werden. In unseren ersten beiden Artikeln zu Samoa haben wir darauf bereits hingewiesen.

Nach einer intensiven, international unterstützten Impf-Aktion im November 2019, bei der alle impffähigen Bewohner Samoas zu möglichst zwei MMR- Impfungen verpflichtet wurden, folgte kurze Zeit später die Ankündigung weiterer Pflichtimpfungen. Im Dezember 2019 wurde mit dem „Infants Amendment Bill 2019“ umgehend ein neues Gesetz erlassen, nach welchem nun für alle Kinder Samoas alle Impfungen des nationalen Impfkalenders verpflichtend sind. [6]

Im gleichen Zuge werden auf Samoa die jüngsten Erfahrungen mit Pflichtimpfungen betont, um darüber hinaus für die Ziele der WHO bezüglich HPV-Impfungen zu werben. Bis 2030 sollen im pazifischen Raum etwa 90% der Mädchen bis 15 Jahre vollständig HPV geimpft sein, wofür auch Samoa nun eine Förderung von der Asiatischen Entwicklungsbank erhält. [7]

Was mit zwei falsch angemischten MMR-Impfstoffen in 2018 begann, endet für die Menschen auf Samoa nun ab 2020 mit umfassenden Impfpflichten. Während in Bezug auf Pflichtimpfungen eine rasche und rigorose Vorgehensweise an den Tag gelegt wird, erleben wir Samoas Regierung in Bezug auf die Aufklärung des fatalen Masern-Ausbruchs weit weniger zielstrebig.


[1] https://reliefweb.int/report/samoa/national-emergency-operation-centre-update-measles-outbreak-january-6-2020
[2] https://reliefweb.int/report/samoa/situational-update-no-3-measles-cases-presenting-until-3-november-2019-date-report-5
[3] https://www.health.gov.ws/wp-content/uploads/2019/10/Press-Release-1.pdf
[4] https://jcm.asm.org/content/jcm/55/3/735.full.pdf
[5] https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC1522578
[6] https://jcm.asm.org/content/jcm/55/3/735.full.pdf
[7] https://www.samoaobserver.ws/category/samoa/54596

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