Masern auf Samoa – ein Update

19.12.2019

Mittlerweile sind weitere Details zu den Masernfällen auf Samoa bekannt geworden, die ein Update erforderlich machen. Allerdings werfen die weiteren Informationen auch gleich weitere - bislang gänzlich unbeantwortete Fragen - auf.

Zu Beginn der Masern-Epidemie wurden Proben zur Serotypisierung nach Melbourne, Australien gesendet. Demnach handelt es sich bei den ersten labortechnisch bestätigten Masern auf Samoa um den Genotyp D8, eingeschleppt durch einen Reisenden aus Neuseeland.[1] Die diesjährigen Masernfälle in Neuseeland sind neben D8 auch dem Genotyp B3 zuzuordnen.[2]

Ausgerechnet diese beiden Genotypen werden von dem US-amerikanischen Impfstoffentwickler Dr. Stanley Plotkin als diejenigen Masern-Genotypen bezeichnet, die durch die gebildeten Impf-Antikörper vom Genotyp A nicht besonders gut neutralisiert werden.[3]

Liegt hier einer der Gründe dafür, dass es in der pazifischen Region unabhängig von der Durchimpfung von 30 bis 99% zu so vielen Masernfällen kam? (Samoa mit 31% Masern-Impfrate, Neuseeland mit 92% Masern-Impfrate, Tonga mit 99% Masern-Impfrate)[4]

Gerade für das benachbarte Tonga verwundert das, wo ebenfalls im November eine Masern-Epidemie ausgerufen wurde, obwohl hier Impfraten von 99% für beide Masern-Impfungen erreicht wurden. Möglicherweise haben wir es hier - wie zuvor schon auf Samoa – ebenfalls mit nicht korrekt gelagerten Impfstoffen zu tun?

Tausende von MMR-Impfstoffen werden derzeit von den nationalen Gesundheitsbehörden untersucht, nachdem auch auf Tonga Dutzende Menschen an Masern erkrankten, obwohl sie nachweislich beide geforderten Masern-Impfungen erhalten hatten.[5]

Wie das Gesundheitsministerium von Tonga veröffentlicht, kam es bei den rund 440 Masernfällen kaum zu Komplikationen, nur 10 Personen wurden im Krankenhaus behandelt. Der größte Teil der Erkrankten hat sich zu Hause auskuriert. Es kam zu keinem einzigen Todesfall.[6]

Wurden auf Tonga wie von der WHO empfohlen zwei Gaben von hochdosiertem Vitamin A gegeben, sowie Fiebersenker und Antibiotikum nur bei tatsächlicher Notwendigkeit? Liegen hier die deutlichsten Unterschiede in der Behandlung der Erkrankten, weshalb es auf Samoa zu einer derart hohen Komplikationsrate und zu überdurchschnittlich vielen Todesfällen kam?

Unbeantwortet ist auch immer noch die Frage, warum auf Samoa schon ab Mitte November die routinemäßigen Analysen der Masernfälle eingestellt wurden? [Facebook Posting der Regierung von Samoa am 22.11.2019] Sollen doch nach Vorgaben der WHO gerade bei der Erfassung von Ausbrüchen möglichst viele der diagnostizierten Verdachtsfälle labortechnisch untersucht werden. Zu dem Zeitpunkt waren rund 1600 Fälle von Masern bekannt, wovon ein noch nicht genannter Anteil labortechnisch untersucht wurde. Alle weiteren der bis heute bekannten 5267 Masernfälle wurden demnach nicht analysiert.[7]

So findet sich letztmalig in der Presseerklärung des Gesundheitsministeriums von Samoa vom 5. November eine Angabe zu den labortechnisch bestätigten Masernfällen: Bei 48 von damals 513 Masernverdachtsfällen wurden Masern bestätigt.[8] Ob, wann und mit welchem Ergebnis weitere Befunde von Laboranalysen eingingen, ist zumindest keiner der danach folgenden offiziellen Presseerklärungen zu entnehmen. Warum wurden die bisher recht stringenten Inhalte der Presserklärungen zu Erkrankungen und Todesfällen, Verdachtsfällen und Laborbestätigungen plötzlich geändert?

Auch noch nicht veröffentlicht wurde bisher der Impfstatus der Erkrankten und Verstorbenen von Samoa. Erst die Ankündigung und dann die Beschreibungen der nachdrücklichen Tür-zu-Tür-Impf-Aktion Anfang November [9] vermittelt den Eindruck, dass nicht die Zeit gewesen sei, jeweils individuell den bisherigen Impfstatus oder den aktuellen Gesundheitszustand vor Pflichtimpfung zu prüfen. Mit Ausruf eines nationalen Notstandes wurde eine Masern-Impfpflicht für alle rund 200.000 Menschen auf Samoa etabliert und eine zweitägige Ausgangssperre verhängt. Die nationale Impfrate wurde damit innerhalb kürzester Zeit auf 93% angehoben.

Mit welchem Anteil an Impfmasern ist unter den Tausenden frisch geimpfter Personen wohl zu rechnen? Ist es überhaupt möglich, diese ohne Laboranalysen von Masern zu unterscheiden und in der Statistik sauber zu trennen? Und nicht zuletzt: Warum werden all diese drängenden Fragen kaum gestellt?

 

[1] https://www.who.int/docs/default-source/wpro---documents/dps/outbreaks-and-emergencies/measles-2019/measles-pacific-sitrep-20191122-docx.pdf?sfvrsn=d8166638_2

[2] https://www.measles.co.nz

[3] https://academic.oup.com/jid/advance-article/doi/10.1093/infdis/jiz381/5610905

[4] WHO immunization coverage https://www.who.int/immunization/monitoring_surveillance/data/en

[5] https://www.rnz.co.nz/international/pacific-news/405475/tonga-and-health-agencies-to-investigate-faulty-measles-vaccines

[6] https://reliefweb.int/report/tonga/tonga-measles-outbreak-2019-situation-report-8

[7] https://www.samoaobserver.ws/category/samoa/54829

[8] https://reliefweb.int/report/samoa/situational-update-no-3-measles-cases-presenting-until-3-november-2019-date-report-5

[9] https://www.theguardian.com/world/2019/dec/05/samoa-measles-outbreak-families-fly-red-flags-to-request-vaccinations



Foto: Adam Lederer
https://www.flickr.com/photos/elmada/17109659417


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